Über-(Be)Griffe und andere Sprachattentate - der/die Fotograf/in als Täter

Der/ die Fotograf/in macht Bilder und das sollte reichen. Die Ära Social Media verlangt es nun aber, dass sowohl Hinz als auch Kunz immer mal wieder etwas sagen will und was da an Verbalentgleisungen zusammenkommt, ist schon ein Textchen wert. Wie immer gilt: Wer frei von Sünde ist, der werfe den ersten Stein und ich bin garantiert nicht sündenfrei, hab aber ne Menge Steine. Hier nun also meine persönlichen Highlights an Begriffen und Aussagen. 

Model-Sharing

Mein derzeit persönliches Unwort (Stand Oktober 2017; wobei "Influencer" auch ein heißer Anwärter ist).

 

Mal ernsthaft: das klingt einfach nach Prostitution und tatsächlich sieht man häufig (liebe MitleserInnen: häufig .... nicht IMMER) 4-5 Herren der Schöpfung des älteren Semesters mit dicken Kameras und nicht minder properem Bierbauch gruppiert um ein gerade volljährig gewordenes, platinblondes Geschöpf, welches versucht, trotz allem in der großen Runde die Überlegene vorzutäuschen. Dem entsprechend sehen dann übrigens die Ergebnisse aus: Fokus auf Körper, Gesicht meist unvorteilhaft, in HDR/ Colour Key/ mit versautem Weißabgleich. Der Begriff Model-Sharing impliziert, dass man sich einen Menschen (!) teilt, was grundsätzlich irgendwie anstößig klingt. 

 

Mir ist durchaus bewusst, dass ich vielen auf den Schlips trete, die Modelteilen und Modelspazierengehen als Hobby sehen. Sollt ihr ja, macht ihr nur, aber die Fotografie ist mir persönlich zu wichtig, als dass man in meiner Nähe leichtfertig damit umgeht. Mir blutet ein wenig das Herz bei sowas, da gerade die Porträtfotografie etwas sehr Intimes ist, dass man nicht mit einem Rudel Bildhungriger "share-t". Und bei jedem Mal, dass ich einen der beiden Begriffe lese/ höre, zieht sich alles zusammen.

 

Aber hast du nicht auch schon an Workshops teilgenommen? Ist das nicht das gleiche? Nein, denn grundsätzlich ist das Klientel ein anderes, es ist jemand dabei, der anleitet und eingreift, jemand der Rudelschießen im besten Fall unterbindet, mit dem man Bildideen entwickelt und nicht willkürlich passieren lässt. Zudem kann ich mich in der Regel vorher von Bildqualität und Arbeitsweise des Workshopleiters überzeugen. 


Licht/Lightfabri(c)k, Lichtwerkstadt/tt, Wunderschlicht, Wunderlicht, Wundertüte

Ein Gewerbename. Das Düsselmeierchen ist selbst so ein Ding, sobald jemand die beiden Pünktchen über dem Ü vergisst ... weiß ich. On top sprechen Models oder Kollegen aus dem Ausland das Ü eh nicht richtig. Aber Düsselmeierchen ist (hab ich selbst so erfahren) unglaublich einprägsam ("Ach, du bist Düsselmeierchen?"). Dazu kommt ja nun: ich habe mich extrem daran gewöhnt und mag ihn. Man kann damit spielen und ich bin bekanntermaßen ein Spielkind. Mal davon abgesehen: Düsseldorf im Namen zu haben, kann nie schaden, es sei denn du willst Kunden aus Köln.

 

Jede Wette, dass es die in der Überschrift genannten Namen für Fotografenseiten oder Fotostudios gibt. Das ist wie bei den Friseuren (Haarscharf, Messerscharf, Haargenau?). Liebe Kollegen und Kolleginnen: wenn euch gar nichts einfällt, wie wäre es dann mit eurem echten Namen? Der ist zumindest nicht so austauschbar (außer meiner ;-)).

 

Echt eloquente Experten (=Alliterationenslamming wie Fernsehsender mit schlechtem Ruf ;-)) geben ihrem Fotogewerbe einen Namen, den kein Mensch aussprechen, geschweige denn sich zum Tippen merken kann ("Supercalifragilisticexpialigetischfotografie")


Vong Fotografigkeit her ....

Hier ein paar Ausschnitte aus Bildpräsentationen/ Gesuche bei Facebook, bei denen man sich an den Kopf packt: 

  • "Ich hoffe, ich gefalle euch auch angezogen" (Model) - Nein, zieh dich bitte wieder aus. Das kann sich ja kein Mensch ansehen.
  • "Schwarzweiß oder Farbe" - Es ist dein Bild und deine Entscheidung. Noch plumper kann man keinen "Traffic" unter seinem Bild erzeugen. Noch schlimmer ist da wirklich nur die Tatsache, dass andere darauf antworten. 
  • "Mal sehen, ob das Bild bei euch heute besser ankommt" - Hast du dir deinen Satz durchgelesen, bevor du ihn gepostet hast? Die Betrachter fanden es gestern schon schrottig, aber was montags doof ist, kann ja dienstags viel besser sein. Wenn man das schon doppelt postet, dann sagt man es doch nicht auch noch.
  • "Bushaltestelle als Location, kann man das machen?" begleitet von einem Bild mit Model an Bushaltestelle. Nein, das kann man natürlich nicht machen.
  • "Porträt from a good friend" - I wud like to gif ju a book from the good English, my friend.
  • "Heute mal ein PO-trät" (Close-up des entsprechenden Körperteils)- *fremdschäm*
  • "I bims ....vong Niceigkeit her." - Es gibt einfach Dinge, die sind ab einem bestimmten Alter nicht mehr lustig.

Wenn alle Stricke reißen, gibt es doch immernoch Goethe


Das Känguru sagt irgendwie alles, was es dazu zu sagen gibt. Ein Zitat eines bekannten Autors zu übernehmen, um sich die Aussage zunutze zu machen? Kann man machen, wirkt dann aber eben altklug, ist häufig aus dem Kontext gerissen und ergänzt Fotografie um einen weiteres kreatives Element, was da in meinen Augen nicht hingehört. Mal davon abgesehen: in Poesiealben liest auch selten jemand die Poesie. 

 

In diesem Sinne: "Humor ist der Knopf, der verhindert, daß einem der Kragen platzt." (Joachim Ringelnatz) ;-) 


Urheberrechte der Bilder liegen bei mir. Danke